Ein Blick auf Wärmepumpen

Voraussagen sind schwierig, besonders für die Zukunft.
Storm Petersen (wahrscheinlich)

Wir leben seit etwa einem Jahr in einem Haus mit Wärmepumpe. Ich bin begeistert vom Konzept und zufrieden mit unserem System.

Wärmepumpe

Die Wärmepumpe ist die Antwort auf die Frage: “Wie kann man mit Strom effizient heizen und eventuell auch kühlen?”

Der Clue bei der Wärmepumpe ist, dass sie das 2-4-fache der elektrischen Leistung in Heizleistung “pumpen” kann. Das bedeutet, dass für 1 kWh Strom 4 kWh (oder 18 MJ) Wärme produziert wird. Cool!
Ja aber, “das kann nicht funktionieren, das ist doch gegen den Energieerhalt!” höre ich jemand in der zweiten Reihe murmeln. Sehr richtig, die Wärmepumpe entzieht der Umgebungsluft die notwendige Energie, sodass die Gesamtenergiebilanz wieder ausgeglichen wird. Kurzum: Eine Wärmepumpe kühlt Luft auf einer Seite um sie auf der anderen Seite zu erwärmen. Dadurch ist es möglich ein vielfaches der elektrischen Energie in Wärme (oder Kälte) umzuwandeln ohne physikalische Grundgesetze zu brechen. Doppelcool!

Da wir sowieso weg von fossilen Brennstoffen müssen und nach und nach auf regenerative oder zumindest auf abgasarme Energieträger wechseln ist eine auf grünen Strom basierte Wärmepumpe eine nachhaltige und umweltfreundliche Art zu heizen. Weil wir eben die investierte Stromleistung multipliziert in Wärme umwandeln können.

Ob sich eine Wärmepumpe finanziell auch rechnet oder nicht hängt stark von den lokalen Gegebenheiten ab. Hier in den Niederlanden rechnet sich eine Wärmepumpe. Es gibt hier eigentlich nur zwei Methoden zum Heizen: Gas oder Strom. Stand Juni kostet Gas etwa 0,8 €/kWh (1m³ entspricht etwa 10,22 kWh) und Strom 0,22 €/kWh. Sprich ab einer Jahresarbeitszahl von 3.6 ist eine Wärmepumpe rentabler. In den Niederlanden mit recht kurzen und milden Wintern und energetischer Sanierung ist diese Zahl jetzt schon zu erreichen.

Bei Fernwärme wahrscheinlich nicht notwendig

Wer in einer Gegend mir funktionierender Fernwärme wohnt, braucht höchstwahrscheinlich keine Wärmepumpe. Die Investition in Infrastruktur und Instanthaltung von Fernwärme muss sich auch rentieren und ich finde Fernwärme die mit Holz betrieben wird im Jahr 2023 eine passable Lösung bis wir etwas Besseres haben.

Fernwärme ist ja auch eine recht gute Lösung um zu Heizen. Sie ist zwar nicht ideal, weil wir von Kreislaufsystemen in Größenordnungen von 10-100 Jahren abhängig sind (Holz muss nachwachsen), dennoch halte ich mit Biomasse betriebene Fernwärme ein passables Konzept für die nächsten paar Jahrzehnte. In der Zwischenzeit können sich die regenerativen Energien weiterentwickeln und die nächste Technologieiteration in Sachen Fernwärme kann dann vielleicht eine umweltfreundlich betriebene Großraumwärmepumpe oder soetwas ähnliches sein.

Wärmepumpen sind primär dann (klimatechnisch) zielführend, wenn dadurch eine fossile Heizung wegfällt. Ein bestehender Fernwärmeanschluss muss meiner Meinung nach nicht wirklich durch eine Wärmepumpe ausgetauscht werden, zumindest nicht in den nächsten 10 Jahren aus Klimaschutzgründen in der breiten Masse.

Falsche Erwartungen bei falschen Rahmenbedingungen

Wärmepumpen funktionieren zuverlässig und sauber, sofern man die richtigen Rahmenbedingungen schafft. Eine Wärmepumpe kann nicht die Spitzenleistung von klassischen Gas-, Öl- oder Holzheizungen erreichen, liefert aber kontinuierlich umweltfreundliche Heizleistung. Sie sind quasi der Ionenantrieb der Heizungen. Diese Rahmenbedingungen haben zwei Konsequenzen in der Planung und im Betrieb.

Erstens sollte das Haus energetisch saniert und heiztechnisch ausgebaut sein. Da eine Wärmepumpe weniger Spitzen-Heizleistung liefert, ist es ratsam ein Haus zu isolieren um solche Spitzen nicht mehr notwendig zu machen. Denn weniger Wärmeverlust am Haus bedeutet entsprechend weniger erforderliche Heizleistung. Die Ersparnis rechnet sich letztendlich auch im Geldbeutel, da weniger Strom oder Treibstoff verbraucht wird. Unsanierte Gebäude mit einer Wärmepumpe auszustatten macht aber sowohl heiztechnisch wie auch finanziell wenig Sinn. Unsanierte Gebäude im Jahr 2023 machen aber sowieso wenig Sinn …
Wärmepumpen arbeiten in der Regel aus Effizienzgründen auch mit einer tieferen Temperatur im Heizkreislauf, sodass eine größere Heizoberfläche notwendig wird. Daher ist eine Bodenheizung eine gute Idee, weil diese enorm viel Fläche liefert. Es gibt aber auch Radiatoren mit größeren Heizfläche.

Die zweite Konsequenz ist eine andere Heizkurve bzw. anderes Heizverhalten. Das ist eine Sache, die wir am eigenen Leib erfahren haben. Im vorherigen Miethaus in Almere hatten wir eine Gasheizung, und die haben wir in der Nacht immer hinauf- und heruntergeregelt, je nachdem ob wir warm oder kalt hatten. Wir wollten etwas Gas sparen und haben deswegen nur geheizt, wenn wir kalt hatten. Das funktioniert mit Gas zwar prima weil es recht schnell warm wird, aber dieses Verhalten funktioniert mit einer Wärmepumpe nicht - diese sollte kontinuierlich laufen. Ständig ein bisschen, aber halt auch ständig, weil die Heizleistung eher träge ist. Das erfordert ein Umdenken im eigenen Verhalten. Das Haus sollte eigentlich nie wirklich kalt werden, weil es dann auch lange dauern kann, bis es wieder warm wird.

Diese zwei Punkte sind meiner Meinung nach keine Schwäche der Wärmepumpe, aber eine Quelle von falschen Erwartungen. Eine Wärmepumpe ist kein drop-in Replacement für eine alte Gasheizung sondern ein neues System, welches auch entsprechende Adaptierungen in eigenen Verhalten und im eigenen Haus erfordert. Ohne entsprechende Anpassungen kann ein neues System nicht funktionieren - so ist das Leben. Wer argumentiert eine Wärmepumpe funktioniert nicht dabei aber nicht energetisch isoliert hat oder erwartet, dass sie gleich funktioniert wie eine Verbrennungsheizung, der erlebt eine selbstgebaute Enttäuschung. Dafür kann aber die Wärmepumpe nichts.

Ich spreche hier übrigens aus eigener Erfahrung. Es hat uns einen ganzen Winter gekostet, bis wir unsere Heizung einigermaßen im Griff hatten. Das hat aber nicht nur an der Wärmepumpe gelegen, sondern auch am Haus. Wir hatten einiger Wärmebrücken zu stopfen und die Konstruktion ist im allgemeinen nicht günstig für unser Verhalten. Das ist aber eine andere Geschichte.

Es geht nicht nur ums Geld, aber doch auch ein bisschen

Erstens: Verbrennungsheizungen sind klimaschädlich. Wärmepumpen in Zusammenhang mit grünen Strom (woher auch immer) sind klimafreundlich. Wer es sich leisten kann, sollte auch auf seine innere Moral hören.

Zweitens: Fossile Brennstoffe werden teurer werden. Wenn sich also jetzt schon eine Wärmepumpe ab einer Jahresarbeitszahl von 3.6 rentiert, wird sich diese Zahl in den nächsten Jahren senken.

Drittens: Fossile Heizungen werden sowieso nach und nach verboten werden. Weil siehe Punkt eins.

Es macht natürlich keinen Sinn in ein altes Haus zu investieren, welches in 10 Jahren sowieso abgerissen werden soll. Aber wer noch länger in einem älteren Haus leben möchte, der profitiert längerfristig von einer energetischen Sanierung, ganz egal ob Wärmepumpe oder nicht. Und dann kann nach 5-10 Jahren, wenn die aktuelle Heizung sowieso zu alt oder kaputt ist, nach und nach umgerüstet werden.

Zuletzt noch eine kurze Anmerkung: Einen vorgeschriebener Umbau zu Wärmepumpen halte ich in vielen Gegenden für sinnvoll, damit wir weg von klimaschädlichen fossilen Heizungen kommen. Ausnahmen existieren (Fernwärme). Aber, der Umbau ist nicht billig und das darf nicht auf Kosten derer erfolgen, die jetzt schon nicht viel haben. Ein fairer Umgang ist erforderlich, und wir können nicht alleine mit Klimaargumente argumentieren, wenn wir die breite Masse zu klimafreundlichen Heizungen bewegen wollen. Ohne entsprechende Subventionen und Unterstützungen für Leute mit weniger Einkommen kann das nicht funktionieren.


Wärmepumpen sind ein großartiges Mittel um klimafreundlich zu heizen, sind aber kein einfaches drop-in-Replacement. Die richtigen Rahmenbedingungen und ein umdenken im Heizverhalten sind notwendig, ansonsten können sie nicht vernünftig funktionieren. Ich spreche hier aus eigener Erfahrung.

Wärmepumpen sind Solarpunk!

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